Artikel: Beste Freunde, ja – aber bitte nur für ein paar Tage![ Kolumne ]
07.12.2014  |   Klicks: 15691   |   Kommentare: 1   |   Autor: melinarae
Beste Freunde, ja – aber bitte nur für ein paar Tage!
Der Begriff "Freund" wird heutzutage inflationärer verwendet denn je. Bedeutet uns Freundschaft wirklich soviel wie wir immer nach außen hin behaupten, oder sind wir zu einer "to go"-Gesellschaft mit Wegwerf-Prinzip geworden?
Wer hat nicht Leute in seinem Leben, die genauso schnell wieder hinaus laufen, wie sie gekommen sind? Gestern zog man noch gemeinsam durch die Bars, machte Konzerte unsicher oder heulte sich bei dem besten Kumpel oder der besten Freundin aus und heute scheint es als wäre über Nacht die Handynummer verloren gegangen. Funkstille. Ignoranz.

Liegt es an der schnelllebigen Zeit, dass wir mit unseren Freunden genauso umgehen wie mit den Zielen, die wir erreichen wollen? Wir wollen alles und das bitte sofort! Freundschaften werden schneller und oberflächlicher geschlossen als zu Zeiten vor Facebook. Freundschaft auf klick ist der neue Coffee to go. Dank Facebook und deren Freundeslisten verliert „Freundschaft“ immer mehr an Bedeutung.

Natürlich verändern wir uns ständig, gerade in unseren zwanzigern. Wir ziehen um, wechseln die Uni, brechen ab, fangen neu an, finden neue Interessen und vor allem knüpfen wir ständig neue Kontakte. Doch gerade durch das Internet ist das alte soziale Umfeld doch nur einen klick entfernt. Sind wir schon so faul geworden, dass wir nicht mal mehr ein Telefon in die Hand nehmen können oder einfach mal eine Nachricht mit einem einfachen „Wie geht’s dir?“ verschicken können? Aus den Augen, aus dem Sinn? Oder einfach ein natürlicher Aussortierungs-Prozess?

Ich hab schon einige tolle Menschen kennen gelernt, die im Laufe der Zeit wichtiger Bestandteil meines Lebens wurden und es ist immer schmerzhaft zu sehen, wie so eine Freundschaft zerbricht. Im Gegensatz zu früheren Freundschaften aus der Schule, in denen man gestritten hat, enden heutige Freundschaften mit Funkstille. Als würde man aufhören zu existieren.

Wir schmücken uns förmlich mit unzähligen Freundschaften, leben in WGs und küren unsere „echten“ Freunde als unsere zweite Familie. Freundschaft ist für uns heutzutage alles und nichts. „Freundschaften sind nicht für die Ewigkeit“ hat einer dieser sogenannten ehemaligen besten Freunde kürzlich verlauten lassen. Derselbe Mensch, der vor einem Jahr erklärt hat, dass Freundschaft für ihn alles sei. Wie wichtig ihm Freundschaft wirklich ist, habe ich gemerkt als von heute auf morgen ohne große Erklärung Funkstille herrschte. Dieses Phänomen begegnet mir immer wieder und es stimmt mich traurig. Freundschaft sollte mehr sein als ein Coffee to go, den man unterwegs aufschnappt, kalt werden lässt und weg wirft. Unsere Generation strebt so sehr dem großen Glück entgegen – dem perfekten Job, der großen Liebe, Erfolg in allen Variationen – dass wir manchmal unsere Freunde vergessen, die uns helfen den Weg zu ebnen.

„Echte Freundschaft braucht Zeit und gegenseitiges Vertrautwerden“ und da muss ich Aristoteles Recht geben. Doch vielleicht haben wir einfach keine Zeit mehr für richtige Freundschaften. Freundschaft ist Liebe mit Verstand und man sollte genauso um sie kämpfen, wie um eine Beziehung. Natürlich führen wir nicht alle oberflächliche Freundschaften oder Freundschaften auf Zeit. Jeder hat den einen Freund, mit dem man Pferde stehlen kann, der mehr peinliche Geschichten über einen erzählen kann als einem selber lieb ist und den man nachts um 3 heulend anrufen kann wenn es einfach nicht mehr geht. Freundschaft gibt uns Sicherheit, deswegen sollten wir kostbar mit ihr umgehen.

Immer wieder kommt die Frage auf, ob es heutzutage noch „echte Freundschaften“ gibt. Meine Antwort lautet: ja. Ja, es gibt sie noch. Jedoch sind sie seltener geworden, weil wir uns weniger bemühen. Wir haben mehr Bekanntschaften als gute Freunde und dabei sind doch Freundschaften, das was uns über Wasser hält, wenn alles andere den Bach runter geht.
 
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1 Kommentare zu diesem Artikel
16.12.14, 00:30 Uhr #1 von Dite
Das klingt wirklich mehr als traurig.

Ich muss allerdings zu meinem Glück sagen, dass ich vielleicht nicht unbedingt viele wahre Freunde habe, aber mit diesen schon einige Jahre auf dem Buckel. Meinen besten Freund kenne ich seit ich 5 Jahre alt bin (sprich fast 23 Jahre), meine beste Freundin seit wir 16 sind (=10-11 Jahre).
Meine engsten Freunde kenne ich ebenfalls meistens aus dem Abi oder aus dem Studium, (was aufgrund von Bachelor auch schon 4 Jahre zurückliegt, sprich den Studienanfang eingezählt sind sogar 7...)und wir uns fast täglich oder zumindest wöchentlich hören und so oft wie möglich sehen. Und dafür bin ich sehr dankbar.
ich denke man muss einfach lernen zu differenzieren. Und die kostbare, wenige Zeit, die man hat für diejenigen aufwänden, die es wert sind, so dumm es klingt.
Man kann nicht mit jedem Best Buddy sein und es jedem Recht machen. Daher lieber die echten Freundschaften pflegen.
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